Ihr kennt mittlerweile diese Bilder: Tausende Flüchtlinge die ankommen und in Lagern untergebracht werden. Die meisten warten darauf, dass sie weiter nach Deutschland reisen können, oder stellen in Österreich einen Asylantrag. Sie sind erschöpft, haben Angst und sind teilweise schwer traumatisiert. Nun gibt es viele ÖsterreicherInnen, die Organisationen wie die Caritas, oder das Rote Kreuz dabei unterstützen, diese Menschen zu versorgen. Doch es gibt auch viele Menschen die protestieren gegen den Zustrom von Flüchtlingen. Die Stimmung ist bezogen auf das Flüchtlingsthema entsprechend aufgeheizt. Dabei wissen sehr viele gar nicht einmal, warum diese Menschen aus ihrer Heimat flüchten – wer kämpft in Syrien gegen wen, wie kam es überhaupt zum Bürgerkrieg und was haben Russland und die USA damit zu tun? Die Jirom-Redaktion hat für euch recherchiert und die grundlegenden politischen Fakten zusammengetragen …
Seit 2011 tobt die Gewalt in Syrien. Was als friedliche Demonstration begonnen hat, ist ein komplizierter Bürgerkrieg geworden, mit vielen Milizen und Fronten. Aber von Anfang an: In Syrien herrscht eine Diktatur – seit über 40 Jahren wird Syrien von einer einzigen politischen Partei beherrscht, der Baath-Partei. Seitdem gab es nur zwei Herrscher: Zuerst herrschte Hafez al-Assad und als er im Jahr 2000 starb, ging die Macht an seinen Sohn Bashar al-Assad über. Er regiert bis heute. Die Assad-Familie gehört der Glaubensrichtung der sogenannten Alawiten an. Die Alawiten sind in Syrien allerdings in der Minderheit. Doch seit die Assad-Familie an die Regierung kam, genossen die Alawiten sehr viele Sonderrechte. Die Mehrheit der Bevölkerung wurde hingegen unterdrückt. Menschen wurden verschleppt, eingesperrt, gefoltert und getötet. Manche litten Hunger und Armut. Deswegen war ein Großteil der Bevölkerung in Syrien unzufrieden mit der Regierung. Doch wer sich öffentlich gegen die Regierung äußerte, lief Gefahr, ins Gefängnis gebracht zu werden. Viele Syrer sehnten sich nach mehr Freiheit, Demokratie und besseren Lebensbedingungen. 2011 gingen deshalb viele Menschen auf die Straße, um gegen die Regierung zu protestieren. Als Assad die gewaltfreien Demonstrationen mit brutaler Gewalt niederschlug, gründete sich die Freie Syrische Armee. Sie begann mit Gegengewalt gegen Assad zu kämpfen. Sie werden von Ländern wie Saudi-Arabien, Libyen der Türkei und den USA mit Waffen und Ausrüstung beliefert. Mittlerweile möchte eine Vielzahl bewaffneter Gruppen in Syrien die politische Macht erringen. Sie führen gegen Assad, aber auch gegeneinander Krieg. Vor etwa zwei Jahren war es noch klar, wer gegen wen kämpft. Auf der einen Seite stand die Regierungs-Armee Assads und auf der anderen Seite die Freie Syrische Armee. Doch im Laufe des Krieges sind viele andere sehr mächtige und bewaffnete Gruppen dazu gekommen. Sie wollen Assad stürzen, damit sie ihre radikale Auffassung ihrer Religion, dem Islam, verbreiten können. Sie bekämpfen alle Menschen die nicht so denken wie sie, weil sie zum Beispiel an einen anderen Gott glauben. Eine dieser Gruppen nennt sich „al-Nusra-Front“. Sie ist ganz besonders brutal und wird von der UN als Terrororganisation bezeichnet. Und während sich zwei oder mehrere Gruppen in der einen Region Syriens bekämpfen, sind sie in einer anderen Region Verbündete. Die Lage ist selbst für Experten und die Bevölkerung vor Ort sehr undurchsichtig. Hinzu kommt, dass die Terrororganisation „Islamischer Staat“, kurz IS, in Syrien tätig ist. Die bewaffneten Gruppen sind gut ausgerüstet. Das kommt daher, dass auch sie Unterstützung vom Ausland bekommen. Und das nicht nur finanziell, es kommen sogar extra Kämpfer zum Beispiel aus dem Irak, Libyen oder Saudi-Arabien. Es gibt auch bewaffnete Gruppen, die Assad unterstützen. Dazu gehört natürlich seine Armee, die zum Beispiel aus Russland und dem Iran Waffen und Kriegsfahrzeuge geliefert bekommt. Aber auch bewaffnete Gruppen aus dem Libanon helfen Assad Krieg zu führen. Mittlerweile gibt es auch Luftangriffe von USA und Russland, die so versuchen die Terrorgruppe IS zu stoppen. (Vgl. dazu Wikipedia, spiegel.de, focus.de)
Durch die Gewalt von allen Seiten sind immer mehr Menschen betroffen. Bei einem Giftgas-Angriff in der Nähe der syrischen Hauptstadt Damaskus wurden im August 2013 über 1.400 Syrer getötet. Die USA und Russland haben einen Zeitplan für die Vernichtung syrischer Chemiewaffen vereinbart. Der syrische Präsident hat zugestimmt. 2014 wurden die meisten syrischen Chemiewaffen zerstört. Doch der Krieg wird mit anderen Waffen weiter geführt. Jeden Tag sterben hunderte von Menschen in Syrien, Millionen sind auf der Flucht. Doch die Kriegsgewalt in Syrien zu beenden ist nicht so einfach. Die Aufständischen und die Regierungstruppen sind jeweils zu schwach, um die andere Seite militärisch zu besiegen. Andere Staaten unterstützen die Kriegsparteien mit Kämpfern oder Waffen und dennoch verändert das nicht viel. Um die Gewalt zu beenden, müssten alle Gruppen einem Waffenstillstand zustimmen und an Verhandlungen teilnehmen. Bislang sind alle Versuche, die Gewalt in Syrien zu beenden gescheitert. Präsident Assad lehnt einen Rücktritt ab. Daher ist es unwahrscheinlich, dass sich die Beteiligten bald einigen können. Das bedeutet für viele syrische Familien ein Leben mit Angst und Gewalt. Familien können ihre Häuser nicht mehr verlassen, weil es draußen auf der Straße zu gefährlich ist. Städte und Dörfer werden aus der Luft angegriffen und bombardiert. Tausende Menschen werden vermisst. Ihre Familien wissen nicht, was mit ihnen geschehen ist. Um diesen Terror des Krieges zu entkommen, sind Millionen Menschen innerhalb des Landes oder ins Ausland geflüchtet. Hierzulande kommt immer wieder von einigen Seiten der Einwand: Aber warum bleiben sie nicht dort und kämpfen bzw. bauen das Land wieder auf? Nun, dabei sollte man wissen: Das internationale Rote Kreuz und andere Hilfsorganisationen erhalten nur schwer Zugang nach Syrien. Deswegen können große Teile der notleidenden Bevölkerung nicht richtig versorgt werden. Ihnen fehlt es an Nahrung, Trinkwasser und an medizinischer Versorgung. Die UNO hat herausgefunden, dass Kinder sogar von der Armee entführt wurden, um sie als „menschliche Schutzschilde“ zu benutzen. Das bedeutet beispielsweise, dass sich Kinder auf Panzer setzen müssen, wenn die Armee befürchtet, angegriffen zu werden. Deswegen hat die UNO Syrien erstmals auf die so genannte „Liste der Schande“ gesetzt. Dies ist eine Liste mit den Staaten, in denen Kinder in bewaffneten Konflikten bewusst Ziele von Gewalt werden. (Vgl., welt.de, spiegel.de)
Um die vielen Menschen aufnehmen zu können, haben die Nachbarländer Türkei, Jordanien, der Irak und der Libanon zusammen mit Hilfsorganisationen große Flüchtlingslager aufgebaut. Jeden Tag flüchten Tausende Menschen aus Syrien über die Grenzen. Viele Flüchtlingslager sind längst überfüllt. Es können nicht mehr alle Menschen mit Nahrungsmitteln versorgt und medizinisch behandelt werden. Das macht es nur logisch, dass die Menschen ihre Hoffnungen auch in Europa erfüllt sehen – weg von Terror und Krieg – in Sicherheit….